Abenteuer im Stamm-Cafe

Kaffeehaus-Abenteuer
Satire
(Es könnte jedoch der Fall sein, dass einem Großteil der Geschichte tatsächliche Gegebenheiten zugrunde liegen)


Seit einigen Jahren gibt es ein Kaffeehaus (Cafe Nr. XX - die Nummer nenne ich aus Datenschutzgründen nicht)am Rande der Stadt Vogtsburg (Name der Stadt aus Datenschutzgründen geändert), das unseren Zuspruch seit Anbeginn genießt. Es ist nicht nur die angenehme Tatsache des Entfalls der Parkplatzsuche (aufgrund des ebenfalls hier befindlichen Einkaufszentrums sind Abstellflächen zur Genüge vorhanden), es ist auch die freundliche Bedienung und das angenehme Interieur, das uns dieses Lokal als wiederholten Treffpunkt für unsere Unterredungen wählen ließ.
Nun haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, unsere Debatten an den Tagesanfang zu verlegen. So treffen wir uns meist um acht Uhr in besagter Lokalität, um bei Kaffeegenuss mehr oder weniger Gescheites von uns zu geben, ehe uns der Alltag fordert.
Wir scheinen aber nicht die einzigen Individuen zu sein, die dieses Cafe schätzen. Es ist stets gut besucht und manche lassen sich in Anbetracht der Tatsache, dass des Öfteren kein freier Sitzplatz mehr zu finden ist, zu bestimmten Zeiten ihren Stammplatz reservieren.
So ist unter anderem auch jener Tisch mit der Aufschrift „reserviert ab 9 Uhr“ versehen, an dem wir stets zu sitzen belieben. Zusammen mit dem benachbarten Tisch bildet er den Stammplatz für eine Gruppe, die täglich um neun Uhr erscheint. Dies stellt für uns kein Problem dar, denn dies ist ohnehin meist der Zeitpunkt, an dem wir auseinanderzugehen pflegen.
Es kam nun schon das eine oder andere Mal vor, dass wir noch dasaßen, während die Platzbegehrenden eintrafen. In diesen Fällen machten wir bereitwillig Platz, stellten uns an die Bar oder waren ohnedies am Gehen.

Kürzlich saßen wir um 9:00 Uhr – als kärglicher Rest unserer Truppe –  nur mehr zu zweit noch an einem der besagten Tische, unterhielten uns über Diverses und registrierten das Ankommen dreier Personen aus jener Gruppe, die die beiden Tische beanspruchten. Zwei davon, es war ein Paar, setzten sich an den freien Tisch, ein Mann setzte sich zu uns. Nun sahen wir aufgrund der Tatsache, dass wir nur mehr zu zweit waren und die Gruppe der Neuankömmlinge bislang auch nur aus drei Personen bestand, noch keine Veranlassung, den Tisch zu verlassen. Wir hatten ja alle Platz.
Einigen einträchtigen Minuten, an denen der Mann am Nebentisch sich in eine Zeitung vertiefte und sich der an unserem Tisch befindliche Gentleman wortlos den Kaffee schmecken ließ, folgte die Heimsuchung:

War es der Frust ob der Nichtbeachtung durch ihren Partner - jener las ja nach wie vor in seiner Zeitung - oder waren schon Stechmücken unterwegs, die die Dame nebenan drangsalierten, dass sie sich veranlasst sah, aufzuspringen? Man weiß es nicht.
Jedenfalls sah sie sich genötigt, explodierend eine Schimpfkanonade freizusetzen, während sie nach einem Revolver in der Handtasche griff. Mit diesem fuchtelte sie unter unseren Nasen herum: „Verschwindet endlich! Dieser Tisch ist für uns reserviert!“
Mein Einwand: „Was wollen Sie, heute seid ihr ja nur zu dritt und alle haben Platz“, veranlasste sie, mich zu erschießen.
Sterbend hörte ich noch, wie sie meinem Kollegen lautstark die Leviten las. Er saß nämlich auf jenem Sessel, an dem der Herr, der sich an unserem Tisch niedergelassen hatte, sonst zu sitzen pflegte. Dessen „Stammsessel“ sozusagen.
‚Jetzt sterbe ich leichter’, waren meine letzten Gedanken, denn das gehört sich ja wirklich nicht. Die Dame war im Recht!

Ob sie meinen Kollegen danach auch erschossen hat, weiß ich nicht, denn da war ich schon tot!